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Bertelsmann Stiftung: Personalschlüssel nicht kindgerecht

In Kitas in MV fehlen Fachkräfte. Zu wenige Erzieher betreuen zu viele Kinder. Das gefährde den Bildungsauftrag, warnt die Bertelsmann Stiftung. Die Bildungsministerin verweist auf die Betreuungsquote, während sich Verbände bestätigt sehen.
Mehr Personal für kindgerechte Kita-Qualität
Spielzeug liegt in einer Kindertagesstätte auf dem Boden. © Monika Skolimowska/Deutsche Presse-Agentur GmbH/dpa/Archivbild

Die Personalschlüssel in den Kitas in Mecklenburg-Vorpommern sind nach einer statistischen Auswertung der Bertelsmann Stiftung für fast 96 Prozent der betreuten Kinder nicht kindgerecht. Dies sei bundesweit der höchste Anteil, wie Berechnungen der Stiftung für das aktuelle «Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme» ergaben. Die Qualität der pädagogischen Arbeit leide darunter erheblich. «Neuen Prognosen zufolge kann das Bundesland auch bis 2030 keine kindgerechte Kita-Qualität erreichen», hieß es am Dienstag in einer Pressemitteilung. Zudem gebe es einen zusätzlichen Bedarf an 2000 Kita-Plätzen.

98 Prozent der unter Dreijährigen und 95 Prozent der ab Dreijährigen in Gruppen würden in MV mit nicht kindgerechten Personalschlüsseln betreut. In den Krippengruppen ist eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft den Angaben zufolge für 5,7 ganztagsbetreute Kinder verantwortlich. Das sei ungünstiger als der Wert in Westdeutschland von 1 zu 3,4 und verfehle auch deutlich das von der Bertelsmann Stiftung empfohlene Verhältnis von 1 zu 3.

Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) verwies ihrerseits auf die traditionell hohe Betreuungsquote im Osten und ein flächendeckend ausgebautes Kita-Netz. «In Deutschland fehlen 429.100 Kitaplätze, davon 385.000 in westdeutschen Ländern, 44.700 im Osten», machte Oldenburg deutlich. In Mecklenburg-Vorpommern würden alle Kinder einen Kitaplatz erhalten. «Wir erfüllen als eines der wenigen Bundesländer den Rechtsanspruch. Damit haben wir gute Bedingungen für Familien sowie für die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben. Dies soll auch in Zukunft so bleiben», betonte die Ministerin.

Wie auch wie in den anderen Ost-Bundesländern liegt die Quote der Kinder in Kindertagesbetreuung in Mecklenburg-Vorpommern über dem Bundesdurchschnitt. Bei den unter Dreijährigen beträgt sie 59 Prozent (Bund: 36 Prozent) und bei den ab Dreijährigen 96 Prozent (Bund: 92 Prozent).

Die Bertelsmann Stiftung machte jedoch darauf aufmerksam, dass in den Kindergartengruppen in Mecklenburg-Vorpommern der Personalschlüssel mit 1 zu 12,5 bundesweit am ungünstigsten sei. Hier liege der Westwert bei 1 zu 7,7 und der empfohlene Wert bei 1 zu 7,5. «Wenn eine Fachkraft für mehr Kinder verantwortlich ist als wissenschaftlich empfohlen, leidet darunter die Qualität der pädagogischen Praxis. Es ist davon auszugehen, dass die Kitas in Mecklenburg-Vorpommern aktuell ihren Bildungsauftrag für die Mehrheit der Kinder nicht erfüllen können», sagte Kathrin Bock-Famulla, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung.

Auch für die kommenden Jahre ist die Stiftung skeptisch. Eine Anpassung der Personalschlüssel an den wissenschaftlich empfohlenen Wert werde in Mecklenburg-Vorpommern bis 2030 laut Prognose nicht möglich sein. «Die Landesregierung muss endlich die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, um den Kitas zu ermöglichen, mehr Personal zu beschäftigen», betonte Bock-Famulla. Sie schlug zudem vor, die Kita-Öffnungszeiten auf sieben Stunden täglich zu verkürzen. Nach Berechnungen des Fachkräfte-Radars könnten damit in Mecklenburg-Vorpommern bis 2025 die Platzbedarfe aller Eltern erfüllt werden und die Personalschlüssel das bessere West-Niveau erreichen. «Ein solches Vorgehen kann aber nur in Abstimmung zwischen Eltern, Träger und Kommune getroffen werden», betonte Bock-Famulla.

«Bei allen Vorschlägen für Verbesserungen dürfen wir nicht vergessen, was wir in unserem Bundesland bereits erreicht haben», mahnte Oldenburg. Kita und Ferienhort seien für alle Kinder gebührenfrei. «Das ist ein echter Beitrag zur Chancengleichheit. Mit 11,2 Stunden in der Kita und 9,9 Stunden im Hort haben wir den höchsten Betreuungsumfang, der dem Bedarf der Eltern vollkommen entspricht», betonte die Ministerin. Die Kinder würden zu etwa 80 Prozent 45 Stunden und mehr pro Woche betreut.

«Eine Einschränkung der Öffnungszeiten der Kitas und eine Verkürzung auf sieben Stunden, so wie es die Bertelsmann Stiftung vorschlägt, wird es in unserem Bundesland nicht geben», betonte Oldenburg. Die Fachkraft-Kind-Relation dürfe nicht gegen den Betreuungsumfang und die Platzanzahl ausgespielt werden. An der Verbesserung des Betreuungsschlüssels werden weiter gearbeitet. So sinke das Fachkraft-Kind-Verhältnis mit der bevorstehenden Änderung des Kitagesetzes von derzeit 1:15 auf 1:14.

Der Paritätische Wohlsfahrtsverband MV wertete das Ergebnis der Studie als «nach wie vor ernüchternd». Es zeige die große Belastung im System der Kinderbetreuung, so Geschäftsführer Dieter Eichler. «Aber wir sind mitten drin im Reformprozess für die Kita 2030 und auf einem guten Weg.» Die angestrebte Absenkung der Fachkraft-Kind-Relation auf 1:14 in der Kita begrüßte Eichler ausdrücklich. Allerdings sei das im Alltag nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

GEW-Landesvorsitzende Annett Lindner forderte einen Mindestpersonalschlüssel. «Die Studie bestätigt, was wir wie ein Mantra seit Monaten, eher sogar Jahren, wiederholen: Die Betreuungsschlüssel in unseren Einrichtungen sind nicht kindgerecht, teilweise sogar Kindeswohl gefährdend.» Für die Erzieherinnen und Erzieher sei es unmöglich, unter diesen Bedingungen eine gute Bildung und Erziehung zu leisten.

© dpa
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